Freitag, 7. September 2012

Ich bin zu bunt für diese Welt

Diese Woche wurde mein kleines Töchterchen auf dem Gymnasium eingeschult. Ganz stolze Mama stiefelte ich also mit ihr (noch) hocherhobenen Hauptes in die Aula dieses vornehmen Gymnasiums, auf dem ich sie angemeldet hatte und versuchte meinen sehr aufgeregten Spatz zu beruhigen. Wir waren recht zeitig dort und bekamen noch Plätze in den vorderen Reihen. So konnte ich mich in aller Ruhe umschauen und beobachtete gespannt das Publikum. Und das Publikum mich, wie ich später bemerken sollte. Mir fiel auf wie vornehm die Herrschaften daher kamen. Viele der Damen in Cocktail Kleidern und Herren in Anzügen. Oder es mussten zumindest höllisch teure, sportlich-elegante Markenkleidung sein. Ich sah auf mein  'No Name' Kleidchen mit Polkadots herunter, mein Strickjäckchen eines 'Markenherstellers' á la : 'Ist doch nicht besser als wie sie dachten' und meine Ballerinas aus einer günstigen Massenproduktion und rutschte ein bisschen tiefer in mein unbequemen Holzstühlchen. 
Die Aula füllte sich bis auf die letzten Plätze, also die rechts und links von mir, und die Leute mussten sogar in den Gängen stehen um das vorbildlich vorgetragene Spektakel zu sehen. Zum Glück bemerkte mein kleiner Sonnenschein nichts von dem unangenehmen Gefühl, welches mich beschlich und stapfte dann tapfer auf die Bühne, um sich ihrer neuen Klasse an zu schließen. Die Kindermeute wurde in ihre Klassenräume geführt und ich der, mich irgendwie immer noch misstrauisch betrachtenden, elitären Menge überlassen. 

Nach ein paar letzten Worten des Schuldirektors wurden auch wir: 'Lieben Eltern, Großeltern, Verwandte und Freunde der Schüler' (Lieber Hofstaat)entlassen und alle schritten zum eigens für diesen ehrenvollen Anlass zubereiteten Kuchen Buffets. 
Alle? .. bis auf klein Adriane die sich schnurstracks durch die Massen nach draußen flüchtete, um erst mal eine zu rauchen! 

Ich versteckte mich draußen also hinter einem Baum und zündete mir eine an. ( DAS tat gut)
Ich fing grade an mich ein wenig zu entspannen als ich Stimmen von der anderen Seite des Baumes hörte. Eine schrill klingende Frauenstimme empörte sich:

'Habt ihr die Tätowierte gesehen? Unfassbar. Wie kann man so nur rumlaufen'. 

Ich dachte so bei mir, wie toll. Da war noch eine Frau außer mir tätowiert? Nein, die hatte ich gar nicht gesehen. Bis es mir dämmerte. 

Verdammt. Die meint MICH!




Die Dame zeterte weiter: 'Und habt ihr diese Schleife gesehen die sie am Revers trägt? Aids hat die wohl auch.' 

(Nur zu Information, ich trug diese Schleife!!!)



http://www.gelbe-schleife.de/



Unter normalen Umständen wäre ich in diesen Moment wohl aus meinem Versteck gekommen und hätte mir eine WIRKLICH unfassbare Frechheit erlaubt. Ich dachte aber nur daran wie ich hier rauskomme ohne den Ruf meines kleinen Mädchens an dieser Schule schon jetzt zu ruinieren. Also krempelte ich die Ärmel runter und zuppelte so gut es ging mein 'billiges' Jäckchen über meinen Ausschnitt, damit meine 'bunten Bilder' nicht mehr so sieht und schlich zurück zu den Klassenräumen um mein Töchterchen abzuholen. Vor dem Raum standen bereits jede Menge Menschen um ihre Schützlinge abzuholen und so wartete ich lieber in einem größeren Abstand. Als die Tür sich öffnete stürmten sie hinein. Wir waren ja eingeladen worden uns die Räume einmal anzuschauen. Ich allerdings beschloss ob der Umstände im Flur zu warten um mein Mäusezähnchen nicht zu 'kompromittieren'.
 Während ich wartete zogen schon die ersten mit ihren Zöglingen ab. 

'Können wir jetzt endlich nach Hause?' 'Die Schule ist doof' 'Die anderen haben viel schönere Ranzen, ich brauche einen Neuen''Oh Oma du nervst''Wo steht unser Wagen?'

Als ich mich grade fragte ob die wohl auch einen Chauffeur haben, kam mein Mädchen um die Ecke gestratzt. 

'Mama da bist du ja. Ich hab dich vermisst. Die Schule ist toll. Danke das du mich hier angemeldet hast!' Sprach's, nahm mich in den Arm und drückte mir einen dicken Kuss auf. 

'Ich hab dich Lieb!' 

'Ich dich auch mein Schatz! Und weist du was?

Ich bin die reichste und stolzeste Mutter auf dieser Welt!'

Und dann verließ ich (wieder) HOCHERHOBENEN Hauptes diese Schule!